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Die Störaufzucht
und Kaviarherstellung

Anleitung und Hinweise

von

Dr. Peter Steinbach

Hardcover, 148 Seiten
Erschienen 2021
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VORWORT

Als man in Deutschland vor mehr als 30 Jahren begonnen hat Störe zu halten, dachte niemand daran die Tiere bis zur Kaviarreife zu halten. Zu dieser Zeit waren neben dem Sterlet nur Hybriden aus mehreren, häufig ungenannten Spezies verfügbar. Das erklärte Ziel ihrer Produktion war schneller Fleischansatz und Unfruchtbarkeit. Die damals im Ostblock befindlichen Produzenten dieser Hybriden wollten den Setzlingsmarkt im Westen beherrschen, da eine Nachzucht dieser „Mehrarten“ Hybriden als unmöglich galt. Wer Störe halten wollte, musste die Setzlinge im Osten zukaufen.

Bis auf die Süßwasserart Sterlet (Acipenser ruthenus) waren in Westeuropa nur noch einige wenige Exemplare des streng geschützten Gemeinen Störs (Acipenser sturio) und Reste des Adriastörs (Acipenser naccarii) vorhanden. Alle anderen Arten befanden sich im Einflussbereich der ehemaligen Sowjetunion (UdSSR). Nach und nach gelangten Bester (Kreuzung aus Huso huso x Acipenser ruthenus) in die DDR und Sibirische Störe (Acipenser baerii) nach Ungarn, Italien und Frankreich. Nach Italien gelangte aus den USA auch der Weiße Stör (Acipenser transmontanus), zusätzlich zu dem noch in Resten örtlich vorkommenden Adriastör (Acipenser naccarii). Die Preise für Störfleisch waren eine Zeit lang hoch, so dass einige Fischzüchter (z. B. Fa. Sachsenstör) mit gutem Erfolg begannen Störe – die verfügbaren reinen Arten bzw. Hybriden – in nicht unerheblicher Menge aufzuziehen und zu vermarkten.

Eine Kaviarproduktion wurde im Iran und der UdSSR wegen der langen Zeit bis zur Geschlechtsreife und der vermeintlich schlechten Qualität von unter Aquakulturbedingungen erzeugten Eiern für unrentabel gehalten. Diese Meinung wurde vor allem von dem Personenkreis der Kaviar aus Wildfängen produzierte, eifrig vertreten. Mit der Zeit zeigte sich jedoch, dass die unter natürlichen Temperaturbedingungen nötigen Zeiten bis zu Geschlechtsreife im Warmwasser erheblich kürzer ausfallen. Weibliche Sibirische Störe benötigen in ihrer Heimat je nach Herkunft (Lena, Ob, Jenissej, Kolyma) 11-28 Jahre bis zur Geschlechtsreife (Hochleithner, 2012). Unter Warmwasserbedingungen sind die ersten schon nach 4-5 Jahren und die Masse nach 6-8 Jahren geschlechtsreif, wodurch eine gezielte Haltung nicht mehr so kosten- und zeitintensiv war, wie vorher immer wieder behauptet, bzw. angenommen wurde.

Des Weiteren nahmen die Anlandungen geschlechtsreifer Störe in den angestammten Gebieten kontinuierlich ab, obwohl, vor allem in der UdSSR, seit Jahrzehnten unglaubliche Setzlingsmengen (mehrere Millionen Stück verschiedener Spezies) in extra errichteten Erbrütungs- und Aufzuchtanlagen erzeugt und jährlich in die Flüsse ausgesetzt wurden. Mit dem Zusammenbruch der UdSSR reduzierte sich die für umfangreiche Besatzmaßnahmen nötige Setzlingsproduktion. In der Folge nahm die Anlandung kaviarreifer Tiere weiter ab, so dass die Fang-mengen der jeweiligen Anrainerstaaten der Fanggebiete über Quoten (CITES) geregelt wurden. Legaler Kaviar aus Wildfängen war damit nur im Rahmen der Quoten des betreffenden Staates legal handelbar.

In der Folge der durch die Quotenregelung ständig reduzierten legalen Wildfänge stiegen die Kaviarpreise in ungeahnte Höhen. Die ersten Produzenten (Frankreich, Italien) begannen Kaviar aus Aquakultur zu erzeugen. Nicht lange danach folgte Deutschland, aber auch andere Länder. Zu dem Zeitpunkt war wenig bekannt über die Haltungsparameter, das passende Störfutter, die Dauer der Gonadenentwicklung, die frühe Geschlechtsbestimmung, die Kaviarherstellung usw. Viele Produzenten haben ihr Wissen geheim gehalten und nichts an vermeintliche Konkurrenten weitergegeben, aber mit der Zeit hat sich dieses Wissen verbreitet, oder wurde mühselig durch Probieren erworben. Die Preise, leider sogar für schlechte Ware, ließen ungeahnte Profite erwarten. Es wurde alles gekauft, was auf den Markt kam. Das war nicht immer gut für das Image des Aquakultur- oder Zuchtkaviars. Nach einiger Zeit war der Markt gesättigt und es konnte sich, trotz sinkender Preise, wieder Qualität durchsetzen, weil nun mehr auf Qualität geachtet wurde.

Inzwischen war auch China wach geworden und importierte Störeier in großem Maßstab. Zunächst wurden befruchtete Eier gekauft, um innerhalb eines Jahres marktfähige (800 g) Tiere zu produzieren, die, im Rahmen von Feierlichkeiten (ein Fisch = ein Gericht), als Glücksbringer verzehrt wurden. Die Wertschöpfung war nicht unerheblich, da der Erzeuger der Dottersackbrut aus den befruchteten Eiern diese sofort verkaufte. Der Käufer der Dottersackbrut zog die Tiere bis zur Setzlingsgröße auf und verkaufte diese weiter. Diese Setzlinge werden weiter bis auf ca. 800 g aufgezogen und verkauft. Innerhalb eines Jahres können die Tiere in China 3-mal verkauft werden und Profit bringen. Ein Teil der Tiere aus den importierten Eiern ist in der Zwischenzeit groß geworden und mit ihnen konnte vermehrt werden. Hinzu kommen noch einheimische Arten, wie der Amurstör (Acipenser schrenckii) und der Sibirische Hausen oder Kaluga (Huso dauricus). Folglich entstand in China eine ständig steigende Kaviarproduktion. Da in China traditionell wenig Kaviar gegessen und die Produktion daher zum größten Teil exportiert wird, sanken die Kaviarpreise in Europa erheblich. Die Gestehungskosten, ebenso wie staatliche Auflagen, sind in China geringer als außerhalb, was es chinesischen Anbietern erlaubt, mit sehr niedrigen Verkaufspreisen zu arbeiten. Soll allerdings auf Dauer gleichmäßig gute Qualität erzeugt werden, steigen (hoffentlich) auch in China die Preise. Es sei denn, der chinesische Staat greift durch Exportzuschüsse oder sonstige Zahlungen zugunsten chinesischer Produzenten ein.

Ich hatte das Glück, sehr früh Erfahrung mit Stören zu machen, so dass ich auf mehr als 30 Jahre Umgang mit diesen faszinierenden Tieren zurückblicken kann. Geschlechtsbestimmung, Vermehrung, Kaviarherstellung, Haltung und Fütterung der verschiedensten Spezies konnte ich entweder direkt oder im Rahmen von Beratungen und Besuchen weltweit kennen lernen. Ich meine, es ist an der Zeit einen Teil dieses von mir erworbenen Wissens an Interessierte weiter zu geben.

Dieses Buch behandelt vor allem Themen und Techniken, die für die Aufzucht von Stören und die Herstellung von Kaviar von Bedeutung sind. Zu generellen Themen wie Wasserchemismus, Fischfütterung, Fisch-rankheiten usw., gibt es eigene Literatur, die auf diese Themen (noch) genauer eingehen bzw. Bücher, welche die Fischproduktion in verschiedenen Anlagen ausführlich (speziell) behandeln, z. B. in Teich- und Durchflussanlagen (Schäperclaus & Lukowicz, 2018), in Kreislaufanlagen (Steinbach, 2018) oder in Netzgehegeanlagen (Hochleithner, 2019).

Dr. Peter Steinbach


DANKSAGUNG

Hätte ich nicht im Laufe meiner Arbeit mit Kreislaufanlagen und verschiedenen Fischspezies wie Stören das Glück gehabt, bestimmte Personen zu treffen, die bereit waren, mich an ihrem Wissen teilhaben zu lassen und mit denen ich zusammen arbeiten durfte, hätte ich das nötige Wissen, ein Buch wie dieses zu schreiben, sicher nicht erwerben können. Neben vielen anderen sind dies im Besonderen:

Tamas Gulyas, der mir in meinen Anfangsjahren mit Stören uneigen-nützig mit Rat zur Seite gestanden ist.

Peter Groß, der immer bereit ist, mich an seinen Störaktivitäten Teil haben zu lassen. Ich kenne niemand, der so viele unterschiedliche Spezies hält und zum größten Teil auch regelmäßig vermehrt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse versteckt er nicht, sondern lässt andere, zum Glück auch mich, daran teilhaben.

Ralf Gensler, der wohl der erfahrenste Stör-Vermehrer außerhalb der ehemaligen UdSSR ist. Mit seiner Truppe, allen voran Schuldi, „zaubert“ er befruchtete Eier der verschiedensten Störspezies, unab-hängig von der auf die betreffende Spezies zutreffende Saison, zu den unmöglichsten Zeiten.

William F. Holst, der mir die Gelegenheit gegeben hat, in seinen unterschiedlichen Anlagen, unschätzbare Erfahrungen im Umgang mit Stören zu erwerben.

Georg Stähler ließ mich teilhaben an seinen umfangreichen Aktivitäten zur Aufzucht von Stören in den unterschiedlichsten Teichsystemen. Die erzielten Ergebnisse helfen, die Entwicklung verschiedener Spezies unter unterschiedlichsten Bedingungen vorhersagen zu können.

Jim Michaels war und ist in der Lage, unter schwierigsten Temperatur-bedingungen (26-28 °C), erfolgreich Sibirische Störe zu erbrüten, aufzuziehen und die Eier zu hervorragendem Kaviar zu verarbeiten. Ihm und Charlene verdanke ich informative und unvergessliche Zeiten in Florida.

Mesfin Belay ist einer der wenigen, wenn nicht sogar der Einzige, der sich in Deutschland seit über 20 Jahren, trotz Höhen und Tiefen, erfolgreich mit Stören in Kreislaufanlagen herumschlägt. Sein Erfahrungsschatz und sein Wissen sind unbezahlbar. Wann immer ich etwas unklar sah oder nicht wusste, war er bereit zu helfen und für Klarheit zu sorgen.

Willy Verdonck, ohne den mein Wissen über die Ernährung von Stören deutlich schlechter geblieben wäre. Habe ich aus den unterschiedlichsten Gründen Änderungen der Futterzusammensetzung vorgeschlagen, war er bereit diese umzusetzen, außer es sprach etwas dagegen, was öfter der Fall war. Sein Wissen gibt er gern weiter, da er die Meinung vertritt, dass nur der offene Austausch von Erfahrungen und Erkenntnissen dazu beiträgt die Entwicklung der Störhaltung voranzutreiben.

Frau Prof. Köhler danke ich dafür, dass sie mich teilhaben ließ an ihren Forschungen zur Herstellung von Kaviar aus ovulierten Eiern, so dass parallel zu diesen Forschungen Haltungsbedingungen zur ganzjährig erfolgreichen Auslösung der Ovulation erarbeitet werden konnten.

Roman Hartmann danke ich für seine Bereitschaft, seine Beziehungen zu Störexperten in Russland zu nutzen, die mir ein wenig ihres unschätzbaren Wissens vermittelten. Ihm verdanke ich auch meine Kenntnisse über russische Methoden zur Herstellung von Kaviar aus ovulierten Eiern.

Uwe Reuter ist derjenige, der mich auf die Idee zu diesem Buch gebracht hat. Ich hoffe, er ist mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden.

Gudrun Piper hat mit Akribie nach Fehlern gesucht und mir geholfen, die meisten auszumerzen. Sollten noch welche vorhanden sein, liegt das nicht an ihr, sondern an mir.

Esther Fritschi danke ich für die Begleitung beim Erstellen des Manuskripts und das Überlassen eigener Fotos, sowie der Hilfe beim Bestehen von PC Kämpfen.

Steffi Steinbach war zur Stelle, wenn PC-mäßig mal wieder nichts so lief, wie gewünscht.

Ohne Martin Hochleithner wäre dieses Buch deutlich schlechter lesbar, da ungeordnet und mit Wiederholungen gespickt. Wo nötig, hat er Texte umgestaltet, gekürzt oder neu erstellt und an einigen Stellen mit Bildmaterial ausgeholfen. Ohne seine Erfahrung aus den vielen Büchern, die er geschrieben und veröffentlich hat, wäre dieses Buch deutlich weniger informativ.


INHALTSANGABE

1. Einleitung

2. Störarten
     2.1. Europäischer Hausen
    
2.2. Russischer Stör
    
2.3. Sibirischer Stör
    
2.4. Sternhausen
    
2.5. Sterlet
    
2.6. Adriastör
     2.7. Weißer Stör
    
2.8. Amurstör
    
2.9. Weitere Arten

3.  Geschlechtsbestimmung
     
3.1. Nicht invasive Methoden
      3.2. Invasive Methoden

4. Vermehrung
    
4.1. Hypophysierung
    
4.2. Spermagewinnung
    
4.3. Eigewinnung
    
4.4. Befruchtung
    
4.5. Entklebung
    
4.6. Erbrütung
 

5. Fütterung
    
5.1. Futterzusammensetzung
     5.2. Futterverabreichung
           
5.2.1. Brütlinge
         
  5.2.2. Setzlinge
         
  5.2.3. Ältere Störe

6. Wasserqualität
    
6.1. Gassättigung
    
6.2. Stickstoffverbindungen
    
6.3. Kalkgehalt
     6.4. Weitere Parameter

7. Krankheiten
     7.1. Krankheitsvermeidung
     7.2. Krankheitsbehandlung

8. Transport
    
8.1. Innerbetrieblicher Transport
    
8.2. Außerbetrieblicher Transport

9. Hälterung
    
9.1. Winterung
     9.2. Ausnüchterung
     9.3. Geschmacksverbesserung

10. Störverarbeitung
     
10.1. Selektieren
     
10.2. Kontrollieren
     
10.3. Herunterkühlen
     
10.4. Übergeben
     
10.5. Schlachten
            
  10.5.1. Betäuben
            
  10.5.2. Ausbluten
            
  10.5.3. Reinigung
            
  10.5.4. Bauchöffnung
            
  10.5.5. Ovarienentnahme
            
  10.5.6. Ausnehmen
            
  10.5.7. Köpfen
               10.5.8. Filetieren

11. Kaviarverarbeitung
     
11.1. Separieren
     
11.2. Spülen
     
11.3. Absieben
     
11.4. Konservieren
     
11.5. Vermischen
     
11.6. Verpacken
      11.7. Lagern
      11.8. Etikettieren
      11.9. Verzehren

12. Anhang
      12.1. Schlachtraum
     
12.2. Kaviarraum

     
12.3. Artencodes

13. Literaturangaben


EINLEITUNG

Störe sind eine sehr alte Fischgruppe, die zur Klasse der Knochenfische und dort zur Ordnung der Störfische (Acipenseriformes) gehört. Diese teilt sich in 4 Familien, von denen 2 bereits ausgestorben sind (Hochleithner, 2012). Es existieren folglich noch zwei Familien; und zwar die Rüsselstöre (Acipenseridae) mit vier Gattungen und die Löffelstöre (Polyodontidae), von denen noch zwei Gattungen existieren. Die rezenten Rüsselstöre werden weiter in zwei Unterfamilien geteilt. Zum Einen in die Unterfamilie der Echten Störe (Acipenserinae) mit der Gattung Störe (Acipenser), die durch 15 Arten vertreten wird und der Gattung Hausen (Huso) mit 2 Arten. Zum Anderen in die Unterfamilie der Schaufelstöre (Scaphirhynchinae) mit zwei Gattungen (Scaphirhynchus und Pseudoscaphirhynchus) und 6 Arten. Die Familie der Löffelstöre (Polyodontidae) existiert noch mit je einem Vertreter der Gattungen Löffelstör (Polyodon) und Schwertstör (Psephurus).

Wenn allgemein über Störe gesprochen wird, ist in der Regel die Familie der Rüsselstöre (Acipenseridae) gemeint, und wenn es um Kaviar geht, die Gattungen Störe (Acipenser) und Hausen (Huso). Die Herkunft des Wortes „Kaviar“ ist etwas umstritten, vielleicht stammt es vom türkischen „Havyar“, doch eher vom persischen „Khaviar“, was so viel bedeutet wie kleine schwarze Fischeier. Als Kaviar werden nur die gereinigten und gesalzenen Eier der Störe bezeichnet, egal ob sie durch Schlachten oder Streifen (Ovulation) gewonnen wurden. Kaviar anderer Fischarten muss mit dem zugehörigen Artnamen versehen werden, wie etwa Hecht-, Forellen- oder Lachskaviar. Sogenannter Deutscher Kaviar besteht aus gesalzenen und meist auch gefärbten Eiern des Seehasen oder Lumpfisch (Cyclopterus lumpus) und Isländischer Kaviar aus den Eiern von Lodde oder Capelin (Mallotus villosus). Ein vor allem in Japan, aber zunehmend auch bei uns, für Sushi verwendetes Produkt ist Tobiko, der aus den Eiern von Fliegenden Fischen (wie Cheilopogon agoo) erzeugt wird. Diese und ähnliche Produkte werden jedoch als Kaviarsubstitute bezeichnet und sind kein (echter) Kaviar. Kaviarsubstitute werden manchmal sogar aus den befruchteten (abgelaichten bzw. abgelegten) Eiern von Krebstieren (Karibiklangusten) und Weichtieren (Weinberg-schnecken) hergestellt. Zusätzlich werden von einigen Fischarten (z. B. von Heringen, Dorschen, Meeräschen) auch die ganzen Eierstöcke (Ovarien) zu Produkten verarbeitet (z. B. gesalzen und getrocknet oder geräuchert), von anderen Tieren wie Stachelhäutern (Seeigeln) werden sie manchmal auch roh verzehrt. Darüber hinaus gibt es noch Kaviarimitate, die künstlich, meist aus pflanzlichen Rohstoffen (Seetang, Seegras, Sojabohnen) hergestellt werden (Klinkhardt, 2006).

Vor allem durch Überfischung, aber auch durch Gewässerverschmutzung und Flussverbauungen sind die Wildfänge an Stören weltweit, seit Anfang der 1980er Jahre von über 28.000 t auf unter 600 t zum Ende der 2000er Jahre kontinuierlich stark zurückgegangen (Sibeni & Calderini, 2014). Seit April 1998 stehen alle Störe unter dem Schutz des Washingtoner Artenschutzabkommens (englisch: Convention on International Trade in Endangered Species of wild fauna and flora = CITES) und dürfen international nur nach diesen Richtlinien gehandelt werden. Daher ist für jeden Import oder Export von Stören oder Störprodukten (und damit Kaviar) eine entsprechende Genehmigung erforderlich. Seit 2010 wurden auch keine Exportquoten mehr für Wildfänge vergeben oder erteilt, so dass Kaviar von Wildfängen auf dem offiziellen Markt nicht mehr verfügbar ist. Legal hergestellter und gehandelter Kaviar kommt heut-zutage aus der Aquakultur. In der Aquakultur werden Störe sowohl in Durchfluss- und Kreislaufanlagen produziert als auch in Teich- und Netz-gehegeanlagen. Die Aquakulturproduktion von Stören entwickelte sich langsam seit den 1980er Jahren, vor allem in Europa, und sprunghaft ab den 2000er Jahren, vor allem in Asien, so dass sie seit dem Jahr 2010 die historischen Fangmengen aus dem Wildfang weit übertrifft (Sibeni & Calderini, 2014).

Die Herstellung oder Produktion von Kaviar mit Tieren aus der Aquakultur beginnt nicht, wie vielfach angenommen wird, mit dem Schlachten oder im Fall von ovulierten Eiern, mit dem Streifen der Fische, sondern sehr viel früher. Die Grundlagen für eine reichliche Kaviarernte werden bereits bei der Aufzucht der Setzlinge gelegt. Nur Tiere, die unter optimalen Bedingungen aufgezogen werden, sind in der Lage, gesund und vital das Alter zu erreichen, welches für Störe nun mal nötig ist, die zur Eibildung nötige Geschlechtsreife zu erreichen. Je älter die Tiere werden und je weiter die Geschlechtsentwicklung voranschreitet und je näher damit die Entnahme der Eier rückt, desto stärker wirken sich alle vorherigen Einflüsse, wie auch alle getroffenen Maßnahmen aus, sei es positiv oder leider viel öfter negativ. Im Verlauf des gesamten vorherigen Lebens spielen Fütterungsregime, Haltungsbedingungen, rechtzeitige Auslese ungeeigneter Tiere und Hygiene eine wichtige Rolle. Die sachgemäße Behandlung der gewonnenen Eier ist dann der Schlusspunkt. Es gibt aber, wie bei anderen Fischprodukten (z. B. Räucherlachs oder -forellen) auch Betriebe, welche die Vermehrung und Aufzucht von Fischen ganz oder teilweise umgehen und bereits Satz- oder Speisefische oder sogar schon eiertragende Weibchen von anderen Fischzüchtern zukaufen (Bezahlung nach Kaviar) und nur die Hälterung und Verarbeitung selbst machen.


REZENSIONEN

AFZ-Fischwaid, 2022 (1): 51.

BUCHVORSTELLUNG „DIE STÖRAUFZUCHT UND KAVIARHERSTELLUNG“

Die Störaufzucht und Kaviarherstellung"In bewährter Manier werden zunächst die verschiedenen Störarten vorgestellt, die in Aquakultur gehalten werden. Da es vorwiegend um die Gewinnung von Kaviar geht, ist ein gesondertes Kapitel der Geschlechtsbestimmung bei Stören gewidmet.
Das Buch gibt dann sehr viele Tipps für die Praxis einer Störzucht von der Vermehrung über die Fütterung, die notwendige Wasserqualität bis hin zum möglichen Auftreten von Krankheiten. Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit dem manchmal notwendigen Transport von Stören. Am Ende geht es um die Verarbeitung der Fische und die Gewinnung des so wertvollen Kaviars und dessen Verarbeitung und Lagerung. Das Buch wendet sich an Personen, die sich mit der Störaufzucht und -haltung in Aquakulturbetrieben beschäftigen und Kaviar produzieren wollen. Es ist sehr praxisorientiert und gibt gute Hinweise, worauf zu achten ist."
Thomas Struppe

Peter Steinbach „Die Störaufzucht und Kaviarherstellung“
Aqua Tech Publications, Kitzbühel, Austria, 2021
ISBN: 978-3-902855-32-9 ▪ Preis: 53,50 €

Weitere Berichte in: Aquaristik Fachmagazin, 54 (283): 84; Fischer & Teichwirt, 73 (3): 109; Österreichs Fischerei, 75 (1): 38; Oberösterreichs Fischerei, 49 (3): 3.

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